Welche Möglichkeiten haben wir als Bürger, uns auf extreme Situationen wie einen flächendeckenden Blackout vorzubereiten? Um ehrlich zu sein – sie sind ziemlich begrenzt. Egal welche Vorsorgemaßnahmen wir treffen, egal wie umfangreich sie ausfallen – wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir dennoch mit massiven Einschränkungen zu rechnen haben.
Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim deutschen Bundestag hat im Jahr 2011 eine Studie mit dem Titel „Was bei einem Blackout geschieht, Folgen eines lang andauernden und großräumigen Stromausfalls“ veröffentlicht.
Wir haben bereits 2016 in unserem Orangebuch auf diese Quelle hingewiesen.
Wenn man heute, im Oktober 2021, die Empfehlungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ernst nimmt, so gewinnt man den Eindruck, die Damen und Herren dieser Behörde haben die oben genannte Studie nie gesehen. Anders lassen sich die im „Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen“ unterbreiteten Empfehlungen nicht erklären.
Auf Seite 10 unten finden wir folgenden Satz, der sich auf den Ausfall der Energieversorgung bezieht:
„Mit einem Vorrat an Lebensmitteln und Getränken für 10 Tage sind Sie hierfür gerüstet.“
Die Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung weist jedoch unmissverständlich darauf hin, dass bereits nach sechs Tagen eines lang andauernden Stromausfalls die staatliche Ordnung, so wie wir sie kennen, zusammengebrochen ist. Der BBK-Ratgeber suggeriert dagegen, mit ein wenig Essen und Trinken müssen wir nur 10 Tage durchhalten – danach wird alles wieder gut. Natürlich ist eine sinnvolle Bevorratung mit notwendigen Dingen richtig und wichtig. Sie hilft aber nicht weiter, wenn man nichts nachkaufen kann, weil die gesamte Infrastruktur nach diesen 10 Tagen längst nicht mehr funktioniert. Diese Infrastruktur basiert im Industriezeitalter nun einmal unbestreitbar auf einer stabilen Stromversorgung. Ist diese nicht gegeben, folgen daraus zwangsläufig die für jedermann sicht- und spürbaren Notsituationen. Fehlender Strom darf demnach keinesfalls nur als lästige Begleiterscheinung anderer Katastrophen betrachtet werden.
Das Ziel einer jeden Vorsorgemaßnahme muss somit die Verhinderung eines flächendeckenden Stromausfalls sein. Die einzige Möglichkeit dazu besteht in einer konsequent dezentral organisierten Stromversorgung des gesamten Versorgungsgebietes. Eine Großstörung der Stromversorgung würde bei einem solchen Design nicht zu einem flächendeckenden Stromausfall führen. Das gesamte Versorgungsnetz zerfällt dann vielmehr in viele vorher definierte Teilnetze. Diese Teil- oder Inselnetze sind, je nach den lokalen Möglichkeiten, eine begrenzte Zeit autark. Dabei kann und muss man in Kauf nehmen, dass nicht alle Teilnetze funktional bleiben. Das Ergebnis wird ein Flickenteppich von teilweise mit Strom versorgten Inselnetzen sein. Aus diesen aktiven Inseln lassen sich andere, stromlose Inseln wieder reaktivieren bis schließlich das Gesamtnetz wieder aufgebaut ist. An einer solchen Strategie wird nicht gearbeitet, sie wird unseres Wissens nach nicht einmal in Erwägung gezogen.
Die bisherige Politik hat in dieser Frage auf ganzer Linie versagt. Wir sind gespannt, wie sich die gerade mit der Selbstfindung beschäftigte neue Regierung dazu positioniert.
Wir tun gut daran, selbst so gut wir können vorzusorgen. Welche Möglichkeiten hierfür bieten sich uns als potenziell betroffene Bürger?
Oberste Priorität für jedermann hat die persönliche Stromversorgung. Nachdem wir uns erfolgreich aller Handarbeit entledigt haben, funktioniert fast alles nur noch elektrisch. Mit einer elektrischen Leistung von 250 Watt, die zusätzlich durch einen einfachen Bleiakku gepuffert wird, kommen wir schon erstaunlich weit.
Stecker-Solargeräte sind hierfür ausreichend und mit ca. 400 € einigermaßen erschwinglich.
Die Montage kann von jedermann, der keine zwei linken Hände hat, durchgeführt werden. Leider erfordert eine solche Anlage ein funktionierendes Netz. Bei einen Stromausfall liefert diese Anlage also auch keinen Strom.
Insel-Solaranlagen kosten ab ca. 900 €. Eine Insel-Solaranlage funktioniert, wie der Name bereits erahnen lässt, auch dann, wenn die öffentliche Stromversorgung ausgefallen ist; mit Pufferbatterien auch im Dunklen. Erforderlich ist in jedem Fall eine Möglichkeit, ein Solarmodul möglichst in Südrichtung sicher zu befestigen.
Wir haben bereits auf die Sinnhaftigkeit einer Pufferbatterie hingewiesen. Einen Bleiakku mit 12 V/100 Ah kann man überall für wenig Geld kaufen. Man könnte dieser Batterie eine Stunde lang 100 A entnehmen. Das entspricht rein rechnerisch einer Leistung von
P=U*I = 12 V*100 A = 1200 W = 1,2 kW
und damit einer Speicherkapazität von immerhin 1,2 kWh. Da wir nicht mehr als 50% dieser Speicherkapazität entnehmen können, verdoppeln wir die Speicherkapazität durch zwei baugleiche Bleiakkus der genannten Kapazität.
Dieser etwas technische Teil zeigt uns den grundsätzlichen Nutzen von Batteriespeichern im Zusammenspiel mit Stecker-Solargeräten oder Insel-Solaranlagen. Notwendig ist neben der Batterie ein Wechselrichter mit dem wir die Batteriespannung von 12 V Gleichspannung in unsere 230 V Wechselspannung umwandeln, der bei einigen Mini-Solaranlagen bereits zum Lieferumfang gehört.
Was funktioniert? Beleuchtung, Kommunikation, Fernsehen, Radio, IT-Technik, je nach Leistung der Anlage (> 500 Watt notwendig) auch Kühltechnik.
Was funktioniert nicht? Großverbraucher- Kochen, Backen.
Ausblick auf eigene Inselnetze
Wenn die Politik Dezentralität nicht befördern will, müssen wir als Bürger die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen.
Wenn wir Mieter eines Wohnblocks oder eines Quartiers sind, bieten sich hierfür wesentlich wirksamere Möglichkeiten als das Hantieren mit Stecker-Solargeräten oder Inselanlagen. Die vorhandene Dachfläche ist meist für eine größere Solaranlage geeignet mit allen Vorteilen, die solche Anlagen bieten. Die Mieter eines solchen Quartiers sollten den Vermieter ansprechen und sich bei Bedarf zu einer Energiegenossenschaft zusammenschließen.
Mehr dazu in einem Folgetext.