Laut unserer Verfassung ist das Volk das eigentliche Souverän, von dem alle Staatsgewalt ausgeht – theoretisch. Rein praktisch sind auf allen Ebenen der staatlichen Verwaltung einige Defizite in der Durchsetzung des Prinzips der Volkssouveränität erkennbar. Wenn sich engagierte Menschen zu Bürgerinitiativen zusammenschließen und zielgerichtet und faktenbasiert gegen falsche Entscheidungen der Verwaltung vorgehen oder offensichtliche Probleme zur Sprache bringen, erkennt man jedoch die Wirksamkeit dieses Prinzips. Das um so mehr, wenn die Bürgerinitiativen nicht nur kritisieren, sondern alternative Vorschläge zur Problemlösung parat haben.
Wir reden hier über den ganz speziellen Trassenverlauf des Südost-Links durch den Tautenhainer Forst im Osten Thüringens. Bereits im Jahr 2020 haben drei BIs unter sehr aktiver und akribischer Mitwirkung unseres Teammitglieds Jörg Diettrich (danke Jörg!) einen alternativen Vorschlag zur Trassenführung durch das o.g. Waldgebiet, das zum Großteil aus gesundem Mischwald besteht, vorgelegt. Im Grundsatz nutzt die Alternative vorhandene Infrastruktur (einen Waldweg und eine Landstraße), um die Abholzung von Waldfläche zu minimieren. Rot im Bild der vom Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz vorgeschlagene Trassenverlauf direkt durch den Wald, weiß die Alternative längs der vorhandenen Verkehrswege.
Der Vorschlag der BIs wurde von 50 Hertz höflich zur Kenntnis genommen, jedoch im Zuge des nunmehr anhängigen Planfeststellungsverfahrens mit den Worten abgebügelt:
„Der ursprünglich geplante Trassenverlauf ist für uns die beste Lösung.“
Es handelt sich hierbei um das wörtliche Zitat eines Mitarbeiters von 50 Hertz, dessen Namen wir aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht preisgeben wollen. Immerhin war der Mann ehrlich.
Mit diesem hochherrschaftlichem Verhalten waren die BIs natürlich nicht einverstanden und haben es vor ein paar Tagen geschafft, ihre zuständige Volksvertretung von ihrem alternativen Vorschlag zu überzeugen. Mit nur einer Enthaltung fasste der Kreistag des Saale-Holzland-Kreises Anfang des Monats einen entsprechenden Beschluss, der auch von der Lokalpresse gewürdigt wurde.
Die BIs haben darüber hinaus von ihrem Einspruchsrecht bei der Bundesnetzagentur Gebrauch gemacht. Es bleibt abzuwarten, wie die Behörde darauf und auf den Kreistagsbeschluss reagiert. Wir hoffen auf Einsicht, zumal uns die „große Politik“ tagtäglich die Wichtigkeit des Schutzes unserer Umwelt vor Augen führt.
Die praktische Umsetzung der ursprünglichen 50 Hertz-Planung wird, soviel ist sicher, von den Bürgern nicht widerstandslos hingenommen werden.
Widerstand gegen die überbordenden Trassenpläne der Übertragungsnetzbetreiber ist unserer Meinung nach dringend geboten. Liest man den aktuellen Netzentwicklungsplan, kommen noch sehr viele Stromtrassenprojekte auf uns zu. Da die meisten dieser neuen Stromtrassen nicht wirklich benötigt werden, sollten wir als Bürger den Fokus auf die Verhinderung der entsprechenden Projekte legen. Gelingt das nicht, müssen wir wenigstens für Schadensminimierung sorgen. Ob sich das betriebswirtschaftlich für die beteiligten Unternehmen, insbesondere die ÜNB, negativ auswirkt, sollte uns dabei nur soweit interessieren, soweit diese Unternehmen endlich UNSERE berechtigten Interessen berücksichtigen.
Was den konkreten Fall angeht: Bis zum 18.08.2023 können Bürger oder Institutionen weitere Stellungnahmen/Einwände unter folgendem Link einreichen.