50Hertz redet mit uns

Am 14.08.2023 erreichte mich eine Mail des für die Planung des SuedOstLinks verantwortlichen Ingenieurs. Zunächst wird mir versichert, dass ich als „konstruktiv-kritischer Diskussionspartner und langjähriger Begleiter“ des Vorhabens bekannt bin.

Im nächsten Satz drückt der 50Hertz-Vertreter sein Bedauern darüber aus, dass ich die bislang geführten Diskussionen als „erfolglos“ einstufe. Er behauptet weiter, der von den drei BIs kommende Vorschlag wurde in der Planung berücksichtigt, ohne konkret darauf einzugehen, wo genau die Einwände der Bürger zu faktischen Änderungen der ursprünglichen Planung geführt haben.

Auch unsere zur Planfeststellung anstehende Trassenführung hat ihre „Herausforderungen“ und Konfliktpunkte – das ist uns sehr wohl bewusst. Sie ist aber unter den Aspekten der technischen Baubarkeit und der angestrebten Waldschonung die wohl „am wenigsten Schädliche“.“

Das heißt doch wohl: Es bleibt alles beim Alten. Immerhin – 50Hertz redet mit uns. Das betrachten wir als Fortschritt, zumal mehrere 50Hertz-Mitarbeiter in den Schriftverkehr einbezogen wurden.

Zum speziellen Aspekt der vorausschauenden Planung eines weiteren Leiterpaares habe ich sogar eine konkrete Antwort erhalten.

„Die Aussage, dass aufgrund eines Systemabstands von 8 m davon auszugehen sei, dass hier Raum für eine weitere, noch unbekannte Trasse vorgehalten werde, trifft nicht zu. Eine solche weitere Trasse kennen wir nicht, sie ist auch im neuen Netzentwicklungsplan, der den maximalen Netzausbau der Energiewende abbildet, nicht vorgesehen.“

Team Orangebuch nimmt diese Antwort als gegeben hin, obwohl in unseren Texten von einer „weiteren Trasse“ nie die Rede war, sondern von der Möglichkeit der Erweiterung der vorhandenen. Darüber hinaus halten wir die Aussage, der neue Netzentwicklungsplan würde den maximalen Netzausbau der Energiewende abbilden, für äußerst fragwürdig, weil wir die Dynamik von „neuen Netzentwicklungsplänen“ zur Genüge kennen. Vor allem aber zweifeln wir an der technischen Begründung von 50Hertz, die eine Trassenerweiterung angeblich ausschließt. Ausführliche Erläuterungen dazu in meiner Antwort-Mail an die 50Hertz-Planer.

Die Fragestellung nach vorab einkalkulierten Trassenerweiterungen ist deshalb nach wie vor hoch brisant. Auf die Gesamtlänge des SuedOstLink bezogen würden hunderte Hektar dinglich zu sichernder Fläche beansprucht. Das ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, wenn keine Erweiterung vorgesehen ist. Wenn doch, sollte man das wenigstens dem Bürger offen sagen.

i.A. Team Orangebuch Jörg Diettrich

Im weiteren Schriftverkehr mit 50Hertz werden wir wenig subtil der Falschaussage bezichtigt. Es geht dabei um die Frage, ob zum Zeitpunkt der Infomärkte im April 2023 die Inhalte des Planfeststellungsverfahrens öffentlich vorgestellt wurden oder nicht. Sagen wir so: Die Pläne wurden vage umrissen. U.a. stand der Trassenverlauf aus Sicht von 50Hertz fest und wurde tatsächlich öffentlich so kommuniziert. Die Kritik der drei BIs des Saale-Holzlandkreises an diesem Trassenverlauf war 50Hertz allerdings gleichermaßen bekannt, ebenso deren Vorschlag, die Trasse weniger waldschädigend längs vorhandener Wege zu führen. Diesem Vorschlag begegnete 50Hertz schon damals mit den vielsagenden Worten:

Der ursprünglich geplante Trassenverlauf ist für uns die beste Lösung.“

Arroganz der Macht – was interessiert schon einen Übertragungsnetzbetreiber, was für alle Beteiligten die beste Lösung wäre?

Die Behauptung, die Infomärkte im April hätten die konkrete Planung um den Tautenhainer Wald offen gelegt, mag der Wunschvorstellung der Verantwortlichen von 50Hertz entsprechen. Faktisch ist sie falsch, weil hässliche Details erst Ende Juni 2023 bekannt wurden.

Des Weiteren wurden wir im letzten 50Hertz-Schreiben über die Sinnhaftigkeit des laufenden Verfahrens belehrt. Auch hier gilt: Dem Übertragungsnetzbetreiber mag das Verfahren sinnvoll erscheinen, der Bürger fühlt sich durch das Verfahren in seinen Motivationen hingegen stark unterrepräsentiert. Zitat aus dem letzten 50Hertz-Schreiben, im Originaltext hervorgehoben:

„Um Verfahrensklarheit zu wahren, sehen wir – wie mit der Bundesnetzagentur abgestimmt – in der gegenwärtigen Phase von weiteren informellen Beteiligungsterminen ab.“

Verfahrensklarheit also – nur keine Irritationen durch lästige Einwände von Bürgern in informellen Terminen. Einzig die BNetzA-Anhörung im Dezember 2023 schafft endgültige Klarheit – basta.

Wir fürchten, das wird im konkreten Fall so nicht funktionieren.

Die Antwort von Jörg Diettrich auf das Schreiben im Folgenden.

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Sehr geehrter Herr …,

im Zusammenhang mit Antrag auf Planfeststellung für für Abschnitt B des SüdOstLink hat die Bundesnetzagentur die durch den Netzbetreiber eingereichten Planunterlagen im Juli 2023 veröffentlicht. Diese Unterlagen enthalten Hunderte von Dokumenten, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt sein konnten. Unter anderem kann man nur hier erkennen, welche Flächen dauerhaft oder zeitlich begrenzt in Anspruch genommen werden. Die Auswirkungen auf Natur und Umwelt sind erschreckend. Die von Ihnen genannte Detailkarte zum Abschnitt B, Blatt 1 (Raum Eisenberg bis Höhe Gera) bildet das nicht annähernd ab.

Sie weisen darauf hin, dass die Bundesnetzagentur im Dezember einen Erörterungstermin organisieren wird. Ich gehe davon aus, dass ein Termin nicht ausreichen wird, weil die Trassenführung durch den Tautenhainer Wald grundsätzlich überarbeitet werden muss.

Wie Sie ausführten, „können die im Rahmen des Anhörungsverfahrens eingebrachten Argumente auch noch einmal mündlich vertieft werden.“ Es geht uns aber nicht um Vertiefung von Standpunkten, sondern um Veränderung. Bitte gehen Sie davon aus dass auch bei uns Ingenieure mitarbeiten, die ihr Fach verstehen. Wenn Sie, die Netzbetreiber und die Bundesnetzagentur nicht bereit sind, über konkrete Veränderungen der Trassenführung ergebnisoffen nachzudenken, machen Erörterungstermine im Sinne Ihrer Verfahrensklarheit keinen Sinn.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Diettrich i.A. Team Orangebuch

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